Die falschen Lehren der Finanzgeschichte – Project Syndicate

Warum sind wir alle so auf die Idee herein­ge­fal­len, dass wir kollek­tiv reicher werden könn­ten, indem wir einan­der über­teu­er­te Aktien und Häuser verkauf­ten? Wir benah­men uns kollek­tiv irra­tio­nal, aber das ist keine Erklä­rung. Wir müssen heraus­fin­den, warum uns bestimm­te Formen kollek­ti­ver Irra­tio­na­li­tät stär­ker packen als andere.

Ein faszi­nie­ren­der Hinweis kommt aus neuro­wis­sen­schaft­li­chen Forschungs­ar­bei­ten, die erklä­ren, warum es unmög­lich ist, sich selbst zu kitzeln. Kitzel­ge­füh­le schei­nen durch uner­war­te­te Sinnes­emp­fin­dun­gen auf bestimm­ten Stel­len der Haut verur­sacht zu werden. Weil das Gehirn einer Person, die versucht, sich selbst zu kitzeln, diese von ihren Fingern verur­sach­ten Empfin­dun­gen anti­zi­piert – ein sich inner­halb des Klein­hirns abspie­len­der Prozess –, kitzelt die Empfin­dung nicht mehr.

Man kann sich jedoch erfolg­reich selbst durch einen Mitt­ler zu kitzeln – z.B. eine Maschi­ne, die die Bewe­gun­gen ihrer Finger durch eine Metho­de, die ausrei­chend indi­rekt ist, dass sie das Klein­hirn nicht anti­zi­pie­ren kann, in Empfin­dun­gen auf der Haut über­setzt. Zwar weiß der bewuss­te Teil Ihres Gehirns, dass das Kitzel­ge­fühl von Ihnen selbst verur­sacht wird und nicht „wirk­lich“ uner­war­tet ist, doch das Klein­hirn erkennt dies nicht, und das Kitzeln funktioniert.

Sich selbst zu kitzeln, ist genau­so aussichts­los, wie sich reicher zu machen, indem man sich selbst einen Scheck ausstellt – oder sich das eigene Haus für das Doppel­te des aktu­el­len Markt­wer­tes verkauft. Es ist nicht viel besser, wenn Sie selbst und einer Ihrer Freun­de einan­der Schecks ausstel­len oder sich Ihre Häuser verkaufen.

Ein paar Jahre lang haben wir es geschafft, den Teil unse­res Gehirns, der uns sagte, dass wir uns nicht reicher kitzeln können, zu umge­hen. Viel­leicht wusste der Normal­bür­ger immer, dass er, wenn er ihr Haus mit großem Gewinn verkauf­te, auf jemand ande­res Kosten profi­tier­te – und nur die Ökono­men, die die Lehren aus frühe­ren Krisen studier­ten, fielen auf die Vorstel­lung herein, dass bei dem Ganzen niemand schlecht wegkom­men würde.

Posted via email from HUMANE-WIRTSCHAFT

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kommentare werden moderiert. Es kann etwas dauern, bis dein Kommentar angezeigt wird.