Eine Welt ohne Krieg ist möglich – Ein Kommentar von Wilhelm Schmülling

Eine Welt ohne Krieg ist möglich – Ein Kommen­tar von Wilhelm Schmülling – 

Wer sich nach Frie­den sehnt, berei­te den Krieg vor. Flavi­us Vege­ti­us: „Qui desi­de­rat pacem, prae­pa­ret bellum.” Seit mehr als 2000 Jahren hat die Welt nach diesem Motto gehan­delt. Und was wurde erreicht? Taci­tus: „Soli­tu­di­nem faciunt, pacem apel­lant.“ Sie schaf­fen eine Wüste und nennen das Frieden.

Nach dem mörde­ri­schen Zwei­ten Welt­krieg war es klar: „Nie wieder Krieg“. Die Welt war geret­tet. Wir brauch­ten uns nicht für einen neuen Krieg vorzu­be­rei­ten – glaub­ten wir. Für eine andau­ern­de fried­li­che Welt waren die Voraus­set­zun­gen gut. Das Wort von Taci­tus wurde nicht beach­tet, obwohl Europa eine Trüm­mer­wüs­te war. Neues Leben blühte aus den Ruinen, die Rüstungs­in­dus­trie bot neue Arbeits­plät­ze, Waffen wurden produ­ziert – aber durf­ten nicht in Krisen­ge­bie­ten einge­setzt werden – also nur bei uns in Europa. Doch keiner glaub­te, dass in Europa nach den gemach­ten Erfah­run­gen die Kriegs­fu­rie jemals wieder losge­las­sen würde. Bosni­en riss uns aus den Träu­men. Pazi­fis­mus war out. 

Wieder hat es sich bewahr­hei­tet: Die Mensch­heit hat seit 10.000 Jahren den Urwald verlas­sen, ist sess­haft gewor­den und die Tech­nik beherr­schen gelernt. Jedoch setzt sie weiter auf Gewalt, wie im Urwald. Folg­lich, so meinen Philo­so­phen und Reli­gio­nen, müsse man den Menschen von diesem Hang zur Gewalt abbrin­gen, den Menschen ändern. Was wieder­um mit Zwang einher­geht. Gulags und KZs waren die Folgen.

Was inner­halb von Klös­tern und Reli­gi­ons­ge­mein­schaf­ten möglich ist, nach bestimm­ten Regeln ohne Gewalt zu leben, erreicht man in einer rela­tiv freien Gesell­schaft nicht. Dem gewalt­süch­ti­gen Menschen muss Ersatz gebo­ten werden, durch Kriegs­fil­me, Krimis und Inter­net­bru­ta­li­tä­ten. All das nützt nichts, wenn Poli­ti­ker und Rüstungs­ma­na­ger zusam­men einen neuen Waffen­gang vorbe­rei­ten. Schließ­lich brau­chen wir Arbeits­plät­ze, denn die herge­stell­ten Waffen veral­ten. Was machen wir, wenn Waffen-Park­plät­ze über­füllt sind? Also liefern wir sie doch in Krisen­ge­bie­te. Das Tabu wurde gebro­chen: Deutsch­land ist wieder dabei. Und außer­dem wird in der Rüstungs­in­dus­trie eine hohe Rendi­te gesi­chert, die Sicher­heit der Rüstungs­an­wen­der, sprich der Krieg führen­den Menschen, beschränkt sich auf den siche­ren Tod und laut Taci­tus auf die Wüste.

Wie also kann man den Teufels­kreis durch­bre­chen? Wenn die Menschen sich nicht ändern lassen und Poli­ti­ker nichts aus der Vergan­gen­heit lernen?

Wer von einem Teufels­kreis spricht, deutet damit schon auf gesell­schaft­li­che Gege­ben­hei­ten hin, die eine Schuld­zu­wei­sung auf einzel­ne Menschen oder Menschen­grup­pen verbie­ten. Wenn tatsäch­lich struk­tu­rel­le Entwick­lun­gen einge­setzt haben, die zwang­haft Gewalt zur Folge haben, dann müssen sie erkannt und geän­dert werden. Unsere Geld­ord­nung wurde nicht im Orient und nicht in Rom konzi­piert, sie hat sich entwi­ckelt, von einem sehr nütz­li­chen Tausch­mit­tel zu einem Mittel zur Über­vor­tei­lung und Ausbeu­tung der Arbeit Leis­ten­den. So kann von Leis­tungs­ge­sell­schaft heute keine Rede mehr sein. Geld regiert die Welt – und das nur zum Vorteil der Geld­be­sit­zer. Die Reichen führen einen Krieg gegen die Armen, wie zum Beweis ein Multi­mil­li­ar­där in diesem Heft zitiert wird. „Die Reichen werden gewin­nen.“ Das können sie nur, wenn sie Struk­tu­ren vorfin­den, die ihnen das ermög­li­chen. Ändern wir also die Strukturen.

Wenn heute allge­mein erkannt wird, dass mit unse­rem Geld­sys­tem etwas nicht stimmt, dann müssen diese Fehler erkannt werden. Wer den Frie­den will, muss mit Ände­rung des Geld­sys­tems beginnen.

Die sich dann entwi­ckeln­de „natür­li­che Wirt­schafts­ord­nung ist keine neue Ordnung, sie ist nicht künst­lich zusam­men­ge­stellt. Der Entwick­lung der Ordnung, die die Arbeits­tei­lung zum Ausgangs­punkt nimmt, sind nur aus den orga­ni­schen Fehlern unse­res Geld­we­sens und Boden­rechts entste­hen­de Hemmun­gen aus dem Weg geräumt worden. Mehr ist nicht geschehen.“
(Silvio Gesell, NWO; S. 25) 

Eine Antwort

  1. Wolfram Schneider sagt:

    Lieber Herr Schmülling,

    wie stets: Meine Hoch­ach­tung vor Ihren Beiträ­gen. Sie beschrei­ben das Problem, das einem Leben in Frie­den und in allge­mei­nem Wohl­stand nach­hal­tig entge­gen steht. Ob die von Ihnen ange­bo­te­ne Problem­lö­sung durch struk­tu­rel­le Verän­de­run­gen des Finanz­we­sens und des Boden­rechts eine prak­tisch gang­ba­re ist, wage ich aller­dings zu bezweifeln.
    Zunächst ist das kapi­ta­lis­ti­sche System ein kran­kes. Es leidet an Autis­mus. Seine Produk­te, wie etwa das Land, in dem wir leben, spie­geln diese Krank­heit voll wieder. Denn unser Wirtschafts‑, Polit- und Gesell­schafts­sys­tem genügt sich selbst. Es kennt weder den Bedarf zur Selbst­re­form noch stellt es die dazu erfor­der­li­chen und wirk­sa­men Instru­men­te zur Verfü­gung. Meine Progno­se: Letz­ten Endes läuft es auf einen shoot out zwischen den Profi­teu­ren des Systems und den Betro­ge­nen hinaus – mit den entspre­chen­den Folgen der mate­ri­el­len und (schlim­mer noch!) imma­te­ri­el­len Verwüs­tun­gen. Die Geschich­te ist voller Beispiele.
    Entge­gen den spieß­bür­ger­li­chen Schön­leh­ren sind wir mehr­heit­lich leider weder in der Lage noch willens, aus der Geschich­te zu lernen. „Die Menschen lernen aus der Geschich­te, das die Menschen aus der Geschich­te nichts lernen“, stell­te Mahat­ma Ghandi fest. Die stete geis­ti­ge, wirt­schaft­li­che. poli­ti­sche und gesell­schaft­li­che Abwärts­ent­wick­lung seines Heimat­lan­des liefert uns dafür ein anschau­li­ches Beispiel, das erschreckt, aber nicht aufrüttelt.
    Doch wir müssen nicht über den Hima­la­ya blicken: Unsere Bundes­re­gie­rung in Gestalt des ‚Abbruch­un­ter­neh­mens Gauk el & Merk’ erin­nert uns mit Entschei­dun­gen, die mir den Eindruck vermit­teln, als sei das GG auf Klopa­pier gedruckt, gleich seri­en­wei­se daran , dass wir in der BRD allen Grund hätten, vor der eige­nen Haus­tür zu fegen und hier bei uns mit drin­gen­den Refor­men zu begin­nen. Mit dieser Bemer­kung sind wir bei der Kaste derer ange­langt, die das GG privi­le­giert, in unser aller Namen die von Ihnen genann­ten Struk­tu­ren zu gestal­ten. Von dieser alle Schlüs­sel­po­si­tio­nen des System beset­zen­den trans­at­lan­tisch fixier­ten – und damit logi­scher­wei­se und tatsäch­lich anti-euro­päi­schen Kaste – sind keine Verän­de­run­gen zu erwar­ten, die Grund­la­gen für einen Frie­den in der Bevöl­ke­rung und einen dauer­haf­ten Frie­den in ganz (!) Europa wären.
    Ob aktu­ell PEGIDA-Bewe­gung oder etwas davor Stutt­gart 21-Protes­te aus der Mittel­schicht oder davor ‚Linke’ gegen ‚Rechte’ – die Muster des Aufein­an­der­het­zens von Bevöl­ke­rungs­tei­len sind die stets glei­chen und dienen dem stets glei­chen Zweck. Damit ist der Kern des von Ihnen ange­spro­che­nen Problems berührt – ob und inwie­weit wir Noch-Bürger-sein-Dürfen­de bereit sind, uns die stän­di­gen Mani­pu­la­tio­nen und Gehirn­wä­sche­ver­su­che gefal­len zu lassen; ob und inwie­weit wir breit sind, selbst und unmit­tel­bar Verant­wor­tung zu übernehmen.
    Mit ande­ren Worten: Wie es im Land aussieht, das ist das Gesamt­ergeb­nis des Wollens und Nicht­wol­lens von jedem Einzel­nen, der hier lebt. Wir haben ein System der Verant­wor­tungs­lo­sig­keit, weil die meis­ten sich weigern, ihrer Verant­wor­tung nach­zu­kom­men. Wir leben ein System des Betrugs und des Raubs, in dem die meis­ten inzwi­schen glau­ben, sie hätten das (Vor)Recht, andere straf­los belü­gen, betrü­gen, besteh­len, berau­ben und öffent­li­ches – unser aller Eigen­tum – beschä­di­gen, entwen­den, entzie­hen (Strauß, Becken­bau­er, Hoeneß, Zumwin­kel u.a.) oder verschleu­dern zu dürfen.
    Bei uns haben also genau dieje­ni­ge Kaste und dieje­ni­gen Entschei­der das Sagen, die wir uns mit unse­rem indi­vi­du­el­len Wollen, Denken, Tun und Unter­las­sen ehrlich verdient haben. Auf die Ange­hö­ri­gen dieser Kaste zu schimp­fen oder sie mit Erwar­tun­gen zu konfron­tie­ren, die sie als system­treue Funk­tio­ner nicht erfül­len, ja sich nicht einmal vorstel­len können, ist unredlich.
    Wir leben in einem Land, das nach dem letz­ten großen Krieg auf Lügen und Mani­pu­la­tio­nen (siehe z.B. die Grün­dung Baden-Würt­tem­bergs) gegrün­det wurde, das in Lüge lebt (siehe z.B. den von Ihnen erwähn­ten Waffen­han­del) und in dem wir miter­le­ben, dass und wie es schließ­lich an seinen eige­nen Lügen zugrun­de geht.
    Das zu verhin­dern und die Gesell­schaft wieder ins Lot zu brin­gen, wird Ihnen. lieber Herr Schmül­l­ing, nur mit einer ande­ren Art von Mensch gelin­gen. Den haben wir zur Zeit aller­dings nicht in erfor­der­li­cher Menge verfüg­bar und auch nicht auf Lager. Und wenn ich mir das Trei­ben in unse­ren Schu­len und unse­rer Schul­ver­wal­tun­gen anschaue, werden wir die im wahrs­ten Sinn des Wortes Not-wendi­ge Sorte Mensch so schnell auch nicht hereinbekommen.
    Viel­leicht braucht es nach den Vorwasch­gän­gen des Ersten und Zwei­ten Welt­kriegs noch den Voll­wasch­gang eines euro­päi­schen Bürger- und Bruder­kriegs um fest­zu­stel­len, dass die Fran­zö­si­sche Revo­lu­ti­on von 1789 noch immer unvoll­endet ist: Trotz vieler und im Moment aktu­el­ler Gescheh­nis­se, die uns auf diese Tatsa­che aufmerk­sam und zum Handeln animie­ren machen wollen, ist die Forde­rung nach der „Brüder­lich­keit“ eine noch immer revo­lu­tio­nä­re und phan­tas­ti­sche geblie­ben. Sie ist weder in Kopf noch Herz vorgedrungen.
    Das bedaue­re ich. Denn brüder­li­ches Denken und Handeln scheint mir die beste Art und Weise zu sein, das von Ihnen beschrie­be­ne Problem nach­hal­tig lösen zu können.
    Herz­li­che Grüße
    Wolf­ram Schnei­der, Königsbach-Stein

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