Die „Schöne aus Marienhöhe“ darf nicht sterben – Pat Christ

Saat­gut­ak­ti­vis­ten kämp­fen gegen die geplan­te Novel­lie­rung einer EU-Verord­nung – Radies­chen, Mohn und Zitronenbasilikum,
Obsi­di­an, Slim Jim und Wilde Rauke: Dutzen­de Rari­tä­ten und bewähr­te Haus­gar­ten­sor­ten gab es im Febru­ar beim Saat­gut-Festi­val im unter­frän­ki­schen Ipho­fen zu bestau­nen und zu erwer­ben. Star­gast der Veran­stal­tung, die mehre­re hundert Besu­cher von teil­wei­se weit­her anzog, war die alter­na­ti­ve Nobel­preis­trä­ge­rin Vanda­na Shiva. Sie plädier­te eindring­lich dafür, sich für den Erhalt der Sorten­viel­falt einzu­set­zen. Vanda­na Shiva gilt als Herz der welt­wei­ten Bewe­gung für freies Saat­gut. Vor über 25 Jahren grün­de­te sie die Orga­ni­sa­ti­on Navdanya, die in Indien und welt­weit für die Erhaltung
tradi­tio­nel­ler Sorten eintritt. Am Fuß des Hima­la­ya betreibt Navdanya ein Forschungs­in­sti­tut, außer­dem wurden 55 Saat­gut­ban­ken in Indien etabliert.

Menschen auf die Bedeu­tung des Saat­guts aufmerk­sam zu machen, darin sieht Vanda­na Shiva ihre Missi­on. Dabei agitiert sie auf sanfte und humor­vol­le Art. „Ein Samen ist so klein“, sagt die Inde­rin. „Aber wir haben uns daran gewöhnt, in großen Zusam­men­hän­gen zu denken.“ Etwas so klei­nes wie Saat­gut werde darum verges­sen und vernach­läs­sigt. Dabei sei es unge­mein faszi­nie­rend: „Ist es doch reines Poten­zi­al.“ Welche Pflan­ze ist noch resis­tent? In den 1970er Jahren war es hier zu einer Epide­mie durch einen Virus gekommen.

Die Reis­ern­te wurde auf über 116.000 Hektar Acker­flä­che vernich­tet. Fieber­haft suchte man unter 17.000
Reis­sor­ten nach solchen mit entspre­chen­den Resis­ten­zen. Es gab tatsäch­lich einige kräf­ti­ge Pflan­zen, die dem Virus wider­stan­den. Durch deren Einkreu­zung gelangt es, die Verbrei­tung des Krank­heits­er­re­gers einzu­däm­men. „Wäre diese eine Sorte nicht mehr vorhan­den gewe­sen, hätte es kaum eine Möglich­keit gege­ben, der Epide­mie Einhalt zu gebie­ten“, warnt
die Orga­ni­sa­ti­on „Global 2000“. Büro­kra­ti­sche Saat­gut­re­gu­lie­rung geplant Kurz vor Beginn der dies­jäh­ri­gen Saatzeit
infor­mier­ten Saat­gut­ak­ti­vis­ten wie Vanda­na Shiva, welchen gefähr­li­chen Kurs bezo­gen auf das Saat­gut Europa gerade nimmt. „Die Euro­päi­sche Union maßt sich an, künf­tig zentral regu­lie­ren zu wollen, welches Saat­gut in 28 Mitglied­staa­ten gehan­delt werden darf“, empör­te sich Bene­dikt Härlin von „Save Our Seeds“, einer Initia­ti­ve zur Rein­hal­tung des Saat­guts. Das sei „eine unglaub­li­che Arro­ganz“. Warum muss so akri­bisch regu­liert werden, was die Menschen künf­tig säen?
Dadurch werde Viel­falt bedroht – denn die braucht Härlin zufol­ge Frei­raum: „Sie ist niemals für 500 Millio­nen Menschen
über einen Leis­ten zu sche­ren.“ Durch die Verord­nung sollen künf­tig auch Bauern, Garten­bau­be­trie­be und Erhal­tungs­in­itia­ti­ven als Unter­neh­mer erfasst und dadurch gewis­ser­ma­ßen stan­dar­di­siert werden.


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