Auf anständige Weise investieren – Pat Christ

Karen Wendt entwi­ckel­te die frei­wil­li­gen Banken­ge­set­ze „Äqua­tor-Prin­zi­pi­en“ mit.

Mitte des 19. Jahr­hun­derts stieg der Finan­zie­rungs­be­darf in den USA rasant an. Gleich­zei­tig wuchs das Risiko für Inves­to­ren. Wie konnte man wissen, in welches Projekt man inves­tie­ren sollte? Dies war die Geburts­stun­de der Finanz­agen­tu­ren. Das ältes­te heute noch exis­tie­ren­de Rating­un­ter­neh­men ist Moody’s, gegrün­det 1900. Seit­her wurden zahl­rei­che Rating­agen­tu­ren ins Leben geru­fen. Wobei sich die Schwer­punk­te verän­der­ten. In jüngs­ter Zeit wird auf Ethik-Rating großen Wert gelegt.

Als „Gold­stan­dard“ der Finanz­in­dus­trie gelten welt­weit die Äqua­tor-Prin­zi­pi­en. Sie sollen bei inter­na­tio­na­len Finan­zie­run­gen helfen, ökolo­gi­sche und sozia­le Risi­ken zu iden­ti­fi­zie­ren, sie zu vermei­den oder zumin­dest zu beherr­schen. Geschaf­fen wurden sie 2003 nach Umwelt­skan­da­len, die auf die Finan­zie­rung großer Projek­te wie Ölpipe­lines zurück­zu­füh­ren waren. Zehn welt­weit führen­de Projekt­fi­nan­zie­rungs­ban­ken erkann­ten, dass sie als Geld­ge­ber auch eine Verant­wor­tung für die Folgen ihrer Finan­zie­run­gen haben. Maßgeb­lich betei­ligt an der Schaf­fung der Äqua­tor-Prin­zi­pi­en war Karen Wendt von der UniCre­dit Group.

Die frei­wil­li­gen Richt­li­ni­en der Äqua­tor-Prin­zi­pi­en umfas­sen die gesam­te Band­brei­te der Umwelt­stan­dards der Welt­bank sowie der Sozi­al­stan­dards der Inter­na­tio­nal Finan­ce Corpo­ra­ti­on (IFC). Den Äqua­tor-Prin­zi­pi­en zufol­ge ist es zum Beispiel tabu, in Projek­te wie den Bau von Stau­däm­men zu inves­tie­ren. Denn die sind häufig mit der Vertrei­bung oder Umsied­lung von indi­ge­nen Völkern verbun­den. Auch Palmöl-Unter­neh­men, die von Banken gern unter­stützt werden, vertrei­ben Menschen aus ihren Häusern.

So gesche­hen im Dezem­ber 2013 auf der Insel Suma­tra. Räum­kom­man­dos des Palmöl-Unter­neh­mens PT Asia­tic Persada plün­der­ten damals zusam­men mit bewaff­ne­ten Einsatz­kräf­ten von Poli­zei und Mili­tär Sied­lun­gen der Indi­ge­nen Suku Anak Dalam. Die Welt­bank, auf deren Umwelt­stan­dards die Äqua­tor-Prin­zi­pi­en basie­ren, hatte den Mutter­kon­zern des Unter­neh­mens mit Kredi­ten unterstützt.

Das Wohl der Menschen ist egal
40 Millio­nen US-Dollar der Welt­bank flos­sen nach Infor­ma­tio­nen der Orga­ni­sa­ti­on Robin Wood in die Palm­öl­pro­duk­ti­on. Bereits 2010 mach­ten Robin Wood und andere Orga­ni­sa­tio­nen die Welt­bank in einem Brief darauf aufmerk­sam, dass die Produk­ti­on von Palmöl mit Regen­wald­ro­dung und schwe­ren Menschen­rechts­ver­let­zun­gen verbun­den ist. Laut Anton Widja­ya, Direk­tor der Umwelt­or­ga­ni­sa­ti­on WALHI aus der indo­ne­si­schen Provinz West-Kali­mant­an sind in Indo­ne­si­en inzwi­schen fast 30 Millio­nen Hektar in den Händen der Palmölindustrie.

Geht es um neue Kunden, lassen sich Banken nicht lumpen. Jedes Finanz­in­sti­tut braucht fünf bis zehn Prozent Neukun­den pro Jahr, um ihren durch Abwan­de­run­gen, Umzüge und Ster­be­fäl­le schwin­den­den Kunden­stamm zu halten. Durch inter­es­san­te Kondi­tio­nen, kosten­lo­se Giro­kon­ten und gute Bera­tung wird versucht, an neue Kunden zu kommen.

Vermie­den wird alles, was Trou­ble geben könnte. So heims­te sich die Deka­bank 2008 massi­ve Protes­te ein, als Pläne bekannt wurden, die Bank wolle 100 Millio­nen Euro in den umstrit­te­nen Ilisu-Stau­damm in der Türkei inves­tie­ren. Im Juli 2009 stopp­ten Deutsch­land, Öster­reich und die Schweiz ihre Export­ri­si­ko­ver­si­che­run­gen, weil die Aufla­gen für Umwelt- und Kultur­gü­ter­schutz nicht erfüllt worden waren. 2010 gab der türki­sche Minis­ter­prä­si­dent Erdo­gan bekannt, dass seine Regie­rung neue Kredit­ge­ber fand und der Stau­damm gebaut werden könne. Knapp ein Jahr später verhäng­te das Obers­te Verwal­tungs­ge­richt des Landes einen Baustopp.

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